Blockierende Glaubenssätze und Überzeugungen können auf mehr oder weniger belastende, traumatisierende oder gar gefährliche Ereignisse in der Zeit unserer Zeugung, während der Schwangerschaft oder im Verlauf der Geburt zurückzuführen sein. Da jeder von uns diese Phasen durchgemacht hat, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass irgendetwas nicht optimal gelaufen ist. Deshalb frage ich Eltern, die einen Termin bei mir für ihr Kind vereinbaren möchten, immer nach besonderen Vorkommnissen. Oft sind die Anlässe Ängste, andere belastende Emotionen oder Lernschwierigkeiten.
Schon vor der Empfängnis können wir Emotionen und Stress wahrnehmen
Manche Menschen fühlen sich z. B. nicht gut genug, weil die Eltern – speziell die Mutter – sich nicht über die Schwangerschaft gefreut und über Abtreibung nachgedacht, sich Sorgen wegen einer eventuellen Behinderung gemacht oder sich ein Kind des anderen Geschlechtes gewünscht hatten. Ihr Leben lang leiden sie unter Minderwertigkeitskomplexen und Selbstwertproblemen. Selbst wenn sie gelobt werden oder Komplimente bekommen, können sie das nicht annehmen und genießen, weil es für sie nicht glaubwürdig ist.
Bei einem meiner Klienten stellte ich durch den Fingertest fest, dass seine Mutter sich offenbar ein Mädchen gewünscht hatte. Als ich das aussprach, war er ganz überrascht und meinte, seine Mutter habe sich mit seiner „Wildheit“ als Junge überfordert gefühlt. Außerdem habe sie ihm, als er klein war, öfter Kleidchen anziehen wollen und zu Karneval musste er Perücken mit langen Haaren oder Zöpfen tragen. Er fühlte sich tatsächlich irgendwie nicht in Ordnung und traute sich nicht so recht, sich durchzusetzen und seine Männlichkeit auszuleben.
Ich hatte auch schon Klienten, die sich schuldig fühlten, dass ihre Mutter nicht das geplante Leben führen konnte, weil sie aufgrund der Schwangerschaft ihr Studium oder ihre Ausbildung nicht beenden konnte. Oder weil sie, nur um einen Vater für ihr Kind zu haben und versorgt zu sein, einen ungeliebten Mann geheiratet hatte und bei ihm geblieben war.
In der Schwangerschaft bekommt das Baby alles mit
Im 6. Schwangerschaftsmonat wurde bei dem Fötus einer anderen Klientin per Ultraschall eine Anomalie festgestellt, aufgrund derer die Ärzte eine schwere Behinderung annahmen und der Mutter zu einem späten Abbruch rieten. Man kann sich vorstellen, wie schockiert und verunsichert die Eltern waren, als sie vor solch eine schwere Entscheidung gestellt wurden. Sie entschieden sich dafür, das Kind zu behalten, sahen jedoch der Entbindung voller Sorge entgegen. Schließlich kam das Baby vollkommen gesund auf die Welt, nur mit einer kleinen kosmetischen Fehlbildung an den Zehen. Die Klientin war schon 21, als sie wegen Angst vor dem Abitur zu mir kam, sie hatte bereits eine Odyssee an Therapien sogar in der Psychiatrie hinter sich. Keine davon konnte ihr die Gefühle von „etwas stimmt mit mir nicht“, „ich habe kein Recht zu leben“ und „ich bin nicht liebenswert“ nehmen. Sie selbst wusste bis dato nichts von der Geschichte, ihre Mutter hatte mir im telefonischen Vorgespräch davon erzählt. Kein anderer Therapeut hatte es jemals thematisiert. Nach unserer Sitzung fühlte sie sich befreit und deutlich selbstsicherer. Das Abitur bestand sie mit sehr guten Ergebnissen.
Der „verlorene Zwilling“
Ein unterschätztes Phänomen ist das des „verlorenen Zwillings“. Ein hoher Prozentsatz der Schwangerschaften beginnt mit mehreren, zumindest zwei Embryos. Meistens stirbt einer davon in einem sehr frühen Stadium ab, sodass er eventuell weder von der Mutter noch von den Ärzten bemerkt wird. Wissenschaftler haben jedoch festgestellt, dass Zwillinge schon von Anfang an eine sehr enge Bindung haben. Entsprechend leiden sie dann, wenn sie nach dem Tod des Geschwisters allein übrigbleiben. Manchmal empfinden sie auch Schuld, weil sie überlebt haben. Je später der Verlust, desto traumatischer. Unbestimmte Gefühle der Einsamkeit und des Alleinseins und Sätze, wie “ ich gehöre nicht dazu“, ich bin nicht vollständig“, „etwas fehlt mir“ o. Ä. sind dann häufig die Folge. Oder das „Klammern“ an oder das nicht Loslassen können von geliebten Menschen. Eine Klientin erwähnte, dass sie regelmäßig große Verlustängste verspürte, wenn sie mit dem Kopf an der Brust ihres Freundes lag und dessen Herzschlag hörte. Doch nicht immer sind die Zeichen so deutlich.
Eine Geburt birgt auch heute noch viele Risiken
Eine Entbindung, die zu schnell oder zu langsam abläuft, mit Wehen hemmenden oder fördernden Mitteln, also nicht im natürlichen Tempo des Embryos, kann zu Ängsten und Unsicherheiten führen. Ein Kaiserschnitt, bei dem das Baby plötzlich und unerwartet aus der Gebärmutter geholt wird, wirkt oft traumatisch. Auch für die Mutter, da sie nicht aktiv mitarbeiten kann. Selbst die Emotionen der Eltern und sogar der Ärzte kann das Baby aufnehmen. Dann ist es besonders schwierig, z. B. Ängste zu verstehen, wenn es gar nicht die eigenen sind.
Es lohnt sich, bei bestimmten immer wiederkehrenden blockierenden Themen, die Mutter nach Schwangerschaft und Geburt zu fragen und dann die Folgen zu testen (s. den Myostatiktest bei Wingwave). Wenn die daraus resultierenden Überzeugungen und Emotionen durch die schnellen Augenbewegungen beim EMDR aufgelöst werden, ergeben sich meist überraschende Veränderungen in der Einstellung zu sich selbst, zu den Eltern oder auch zum Leben generell.
Für Mütter ist nicht jede Entbindung mit schönen Erinnerungen verbunden
Nicht nur das Kind wird von diesen Erlebnissen stark beeinflusst, auch für die Mutter gibt es in diesem Zusammenhang belastende Vorfälle, an die sie sich noch viele Jahre erinnert. Z. B. wenn es sich um eine Risiko-Schwangerschaft handelt, bei der die Angst vor einer Fehl- oder Frühgeburt vorherrscht oder sogar zur Realität wird. Bei einer Totgeburt handelt es sich um ein Trauma, das unbedingt bearbeitet werden sollte. Auch eine Erkrankung, die ein längeres Liegen der Schwangeren oder gar eine verfrühte Einleitung der Geburt notwendig macht. Unerwartete Gefahren für das Leben von Mutter und/oder Kind oder auch mangelnde Empathie der Ärzte oder Schwestern während des Geburtsvorganges können die Erinnerung an dieses Ereignis belasten und sogar zu einer sogenannten Wochenbettdepression führen. Oder die Liebe zu dem Kind einschränken oder gar verhindern.
Eine meiner Klientinnen kam zu mir, als ihre kleine Tochter bereits ein Jahr alt war. Während der Entbindung waren mehrere unerwartete und unangenehme Dinge passiert, die sie nicht vergessen konnte. Am Tag nach unserer Sitzung rief sie an, um noch einen spontanen Termin zu vereinbaren, da sie nur für ein Wochenende nach Ratingen gekommen war. Sie erschien überglücklich und erleichtert mit einem Blumenstrauß, meinte, sie habe wunderbar geschlafen und könne nun zum ersten Mal den Tag der Entbindung als einen schönen Tag empfinden, an dem ihre Tochter das Licht der Welt erblickt hatte. Sie wolle nur noch eine Sache bearbeiten, die sie vergessen hatte. Das war schnell erledigt und da noch Zeit übrig war, nahmen wir uns noch ein paar andere kleine Baustellen vor.
Ich freue mich, wenn ich Mutter und Kind helfen kann
Es ist mir immer solch eine Freude, wenn die Menschen froh und erleichtert meine Praxis verlassen.
Wenn du dich in diesem Bericht in irgendeiner Weise wiedererkennst oder angesprochen fühlst, zögere nicht. Denn je früher du deine belastenden Emotionen auflöst, desto besser. Denke daran: Du lebst nur einmal. Warum also länger leiden als notwendig?